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Zeitgeschehen
 

Droht der PDS eine Übernahme durch die Gewerkschaften – oder wie „links“ kann das neue Bündnis wirklich sein?

Roland Spitzer

15. Juli 2005

Es ist in aller Munde und es vergeht kaum ein Tag, an dem das sich aus WASG und PDS formierende Wahlbündnis in den Medien nicht erwähnt wird. Von der neuen „Linkspartei“ ist hier die Rede, und wenn die Mitglieder beider Parteien zustimmen, wird diese wohl auch „Linkspartei“ heißen. Damit dies auch gelingt, spricht man von der historischen Chance, welche zu einer starken und einheitlichen „Linken“ Bewegung führen soll. Hierfür müssen wohl auch Bauchschmerzen einiger Mitglieder in Kauf genommen, oder wie Axel Troost es auf dem Kasseler Parteitag der WASG ausdrückte, „einige Pirouetten gedreht werden“.

Bei allen Bedenken, welche bei der gegenwärtigen Entwicklung aufkommen können, darf nicht außer Acht gelassen werden, dass diese dazu beiträgt, in Deutschland eine Diskussion über neue Politikansätze zu entfachen. Und wenn es dem neuen Wahlbündnis gelingt, die ungenierte und zügellose Handlungsweise von CDU, CSU, FDP und den Grünen in die Schranken zu weisen, dann ist dies ein sicher nicht zu unterschätzender Erfolg. Heute würde die PDS im Osten unseres Landes 31 % und das Wahlbündnis im südlichen und westlichen Teil unseres Landes 7 % der Stimmen erzielen – vorausgesetzt, es käme zu einer Bundestagswahl. Dass die PDS im Osten nun auch die CDU überflügelt liegt wohl nicht daran, dass die Menschen im Osten besonders „links“ eingestellt sind, sondern ist in der Tatsache begründet, dass hier 15 Jahre neoliberaler Politik die Menschen so weit an den Rand ihrer Existenz gedrängt haben, dass sie die blanke Furcht vor einem persönlichen Totalabsturz verzweifelt nach jedem Strohhalm greifen lassen würden. Dieser kann eine „Linkspartei“ sein, in welcher ja auch noch die „Wahlalternative“ aufgeht.

Diese Einheitsfront - so scheint es die Wähler in ihrer Hoffnung zu beflügeln - wird dann dass Dilemma, in welches unser Staat geraten ist, richten.

Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff „Linkspartei“ und warum soll und darf es nur EINEN Ansatz geben, um über neue Modelle der gesellschaftlichen Entwicklung nachzudenken? Der politische Begriff „Links“ besagt zunächst einmal nicht viel, richtete er sich doch danach, wo die abgeordneten während der französischen Revolutionszeit im Parlament saßen. Linker Hand des Parlamentspräsidenten waren es die damals eher als „liberal“ geltenden Parteien der französischen Revolution. Später wurden diese Plätze auch von Sozialisten, Kommunisten und Sozialdemokraten eingenommen. Wie man leicht erkennt, ein weites Spektrum, welches jedoch keine Rückschlüsse auf konkrete Inhalte und Ziele der jeweiligen Partei zulässt.

Rechter Hand saßen bürgerlich-demokratische, konservative und seinerzeit auch monarchistische Parteien. Wie man leicht erkennt, auch hier ein Bündel verschiedenster Politikansätze. Doch würde heute keiner nach einer starken und einheitlichen „Rechtspartei“ rufen! Wohl auch aus dem Bewusstsein heraus, dass wir mit diesem Spektrum politischer Anschauungen in unserer Geschichte leidvolle Erfahrungen machen mussten. Nun haben diese Parteien wieder einen Weg eingeschlagen, der den Menschen alles andere, als eine lebenswerte Perspektive bietet. Das Einzige, was aus dieser Richtung zu erwarten ist, ist das Abdrängen breitester Bevölkerungsschichten an den Rand des Existenzminimums. Solch eine Politik zu wählen bedeutet doch nichts anderes, als den Weg des Suizids auf Raten einzuschlagen.

Da müssen doch noch andere Wege möglich sein. Welche nun dieses neue Wahlbündnis unter dem Namen „Linkspartei“ anbieten möchte. Dabei wird vorausgesetzt, dass es nur EINE Alternative mit diesem Bündnis gibt. Was wirklich so progressiv an dieser Bewegung sein soll, lässt sich jedoch nur schwer ausmachen. Jedenfalls ist es wohl nicht die WASG, welche die progressiven Denkansätze einbringt. Dies lässt sich auch aus einer Äußerung den Mitgliedes des Bundesvorstandes der WASG, Klaus Ernst schließen, welcher seine Visionen in einem „taz“ Interview vom 09.06.05 wie folgt beschrieb: "Den Sozialismus als Tagesaufgabe, das interessiert doch keine Sau mehr." Demzufolge kann es auch nicht das Ziel dieser Bewegung sein, über neue gesellschaftliche Modelle nachzudenken, denn "Wenn man seiner Zeit voraus ist, landet man am Ende im Gefängnis", so Ernst in der „taz“.

Nun glaube ich nicht, dass Ernst seinen gut bezahlten Job in der IG-Metall Schweinfurt ernsthaft mit einem Platz im Gefängnis tauschen möchte. Vielmehr „hätte Klaus Ernst aus der WASG eine reine Gewerkschafterpartei gemacht: ‚Ich hatte gedacht, dass es in jeder IG-Metall-Verwaltungsstelle zwei, drei Leute gibt, die dafür sorgen, dass der Laden nicht auseinander fliegt. Das ist nicht ganz gelungen.’“. Diese Äußerung, welche Ernst im „taz“ -Interview tätigte, lässt Rückschlüsse auf die wahren Beweggründe von Ernst und entscheidenden Mitgliedern des Bundesvorstandes der WASG zu.

Hier ist die Gewerkschaft bestrebt, ihren politischen Einfluss über den Weg der Formierung der WASG neu zu manifestieren. Dabei hätte man gerne die Zeiten aus den 70-er Jahren wieder und würde, anknüpfend an diese, die alten Zeiten aufleben lassen, und die durch lange SPD – Gefolgschaft mit verursachten Fehler ausbügeln. Diesem Ansatz kann man eine gewisse Sozialromantik zuschreiben. So ist es sicher auch kein Zufall, dass sich gerade ältere Männer von dieser Partei so angezogen fühlen. Vielleicht meinen diese auch, dass sich hinter dem Kürzel WASG in Wirklichkeit die Bezeichnung „Wahlverein (für) Alternde Sozialdemokratische Gewerkschafter“ verbirgt. Das würde auch erklären, warum man in der noch kurzen Geschichte dieser Partei allen anders und progressiv denkenden Strömungen den Kampf angesagt hat. Stellvertretend seinen hier nur die Angriffe auf Mitglieder der „SAV“ genannt. Gefragt ist nur, wer den gewerkschaftlich vorgegebenen Weg kritiklos unterstützt und nicht nach anderen Lösungen sucht. Diese wurden ja schon gefunden und werden in bester Manier des „Demokratischen Zentralismus“ Stalinistischer Prägung an die Mitglieder weiter gegeben. Dabei möchte man auf keinen Fall das vorhandene Gesellschaftsmodell in Frage stellen, sondern nur durch Drehen an Angebot und Nachfrage die Soziale Marktwirtschaft wieder zum Leben erwecken. Das es das System ist, welches krank ist, und in Frage gestellt werden muss, das ist ein Tabu, welches nicht einmal gedacht werden darf.

In diesem Sinne wurde nun auch die WASG ausgerichtet, alle entscheidenden Positionen wurden mit Gewerkschaftlern besetzt, welche wohl auch noch ihr Salär von diesen beziehen und so auch die Freiheit haben, sich intensiv der politischen Arbeit zu widmen. Wer nicht dieser Linie entsprach, wurde vergrault. Diese Politik ist auch entscheidend dafür verantwortlich, dass sich gerade Frauen und junge Menschen von dieser Partei eher abgestoßen fühlen.

Doch ist man nur mit der WASG nicht automatisch im Bundestag und darf an den Früchten der Macht teilhaben. Hierzu wird ein Partner gebraucht, und dieser wurde in der PDS gesehen. Die PDS, selber im Westen und Süden Deutschlands nicht angekommen, liebäugelt wohl auch mit der Vorstellung, einmal eine gesamtdeutsche Partei zu sein. Dabei schient diese gar nicht zu bemerken, dass sie sich hier auf ein Rennen von Hase und Igel eingelassen hat und am Ende der Entwicklung von den Gewerkschaften über den „kleinen“ Partner WASG geschluckt werden wird. Dass die Weichen hierfür schon gestellt sind, lässt sich an Hand einiger Kandidaten erkennen, die für das gemeinsame Wahlbündnis in den Bundestagswahlkampf ziehen sollen. Der Wahlkampfleiter der PDS, Bodo Ramelow stammt selbst aus dem gewerkschaftlichen Umfeld und ist auch mit dem Vorstandsmitglied der WASG, Fritz Schmalzbauer gut bekannt, da beide zur gleichen Zeit Gewerkschaftsstrukturen in Thüringen aufgebaut haben.

Ramelow gehört nun neben Frank Spieth, dem Thüringer DGB – Chef, zu den Spitzenkandidaten der Thüringer Liste für den Bundestagswahlkampf. Zwei Hessen, die an der Spitze einer typisch ostdeutschen Partei streiten. Das scheint so normal, wie Preußen als Spitzenkandidaten auf der Bayrischen Landesliste. Damit wäre schon in Thüringen der Gewerkschaftseinfluss gesichert. Dass dies kein Zufall ist, zeigt die Kandidatur des aus Bremen stammenden Mitgliedes des Bundesvorstandes der WASG, Axel Troost auf Platz zwei der Landesliste in Sachsen. Troost ist Chef der Memorandum – Gruppe, welche wesentlichen Einfluss auf das Programm der WASG hat und ebenfalls von Gewerkschaften finanziert wird.

Dies mag alles Zufall sein, doch warum gerade in der PDS Gewerkschafter immer mehr an Einfluss gewinnen, das sollte doch zum Nachdenken anregen. Zumal aus West- und Süddeutschland stammende Persönlichkeiten der ostdeutschen Partei PDS den Weg in die Zukunft weisen möchten.

Sollte hier wirklich der Versuch unternommen werden, den Gewerkschaften eine Einheitspartei unterzuordnen, welche jeden Ansatz des Nachdenkens über eine lebenswerte Zukunft und die hierfür notwendige Überwindung des gegenwärtigen Gesellschaftssystems im Keime erstickt, dann wäre wirklich eine historische Chance vertan!

 

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