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Globales Miteinander
 

Eine „Weltinnenpolitik“ als zukunftsweisende zentrale Leitlinie und Vision


In dem Programmentwurf der ASG wird die internationale Zusammenarbeit zwar an mehreren Stellen erwähnt und gefordert, doch sind diese Erwähnungen zu nebensächlich und nicht gewichtig genug. Denn gerade die hohen sozialen Ziele der ASG stehen und fallen in der immer weiter fortschreitenden Globalisierung mit der Gewähr, dass sie in einer ungeregelten und den freien Kräften überlassenen Globalisierung nicht einfach unterlaufen werden. Den durch die Globalisierung entstandenen Problemen kann effektiv nur auf der globalen Ebene begegnet werden. Es ist daher unabdingbar, internationale Institutionen und Strukturen zu schaffen bzw. auszubauen, die eine „Weltinnenpolitik“ (siehe auch Beiträge etwa von Habermas oder v.Weizsäcker im Internet unter „Weltinnenpolitik“) ermöglichen und genauso effektiv betreiben können, wie in einem Nationalstaat. Das sollte die zentrale Stelle in den Forderungen, Zielen und Leitlinien der ASG einnehmen, und sei es vorerst nur als Vision. Wenn dagegen der Wirtschaft, ihren Aktionären und Interessen die Gestaltung des globalen Miteinanders als bloßer Wettlauf mit einer reinen Profitmaximierung überlassen wird, so wird die Wirtschaft zukünftig jede nationale Regierung, und mag sie noch so vernünftige, soziale und gerechte Absichten haben, kaltlächelnd ins Leere laufen lassen. Einfach deswegen, weil die Wirtschaft frühzeitig die Zeichen der Zeit erkannt hat, sie dadurch am längeren Hebel sitzt und jede demokratische nationale Regierung und Ordnung beliebig beeinflussen, steuern und auch erpressen kann.

Die heutige Globalisierung als asoziales, das Gemeinwesen schädigendes Verhalten

Zunächst einmal ist die Globalisierung heute an Faktum, das niemand mehr zurückdrehen kann, ebenso wenig wie wir wieder zu den Stammesgesellschaften (wie etwa in Afghanistan) zurückkehren können. Die Globalisierung ergibt sich schon allein aus der technischen Entwicklung der Transport- und Kommunikationsfähigkeiten, d.h. sie ist einfach gegeben und wird sich immer weiter entwickeln.

Alle heutigen vernünftigen Forderungen, sowohl die nach Frieden, Abrüstung, Beschränkungen in der Gen- und Atomtechnik, Umweltschutz, der Verhinderung von Steuerflucht usw. und natürlich auch die nach sozialen Mindeststandards bzw. vernünftigen Formen des menschlichen Miteinanders stehen und fallen mit der Fähigkeit, diese Regelungen auch international verbindlich durchzusetzen, denn ansonsten werden sie in der globalisierten Welt schlicht und einfach ignoriert und unterlaufen. Es ist heute überhaupt kein Problem mehr, eine ganze Fabrik, nur einzelne Fertigungen oder Dienstleistungen (auch über das Internet) weltweit beliebig zu verlagern – und so die damit verbundenen Regelungen und Verpflichtungen eines nationalen demokratischen Gemeinwesens auszuhebeln. Das nationale Gemeinwesen wird so untergraben, denn ein Gemeinwesen ist nun einmal auf die Steuern und das konstruktive Mitwirken gerade der in diesem (und auch durch dieses) Gemeinwesen mächtig gewordenen Mitglieder angewiesen.

Wenn diese sich dagegen in einem regelfreien Raum ihren Pflichten und ihrer Verantwortung dem Gemeinwesen gegenüber entziehen, aus den nationalen Gemeinwesen nur die Vorteile abschöpfen und die nationalen Gemeinwesen als Dank dafür gegenseitig ausspielen, um ihre Macht und ihre Vorteile auf Kosten anderer bis ins Unersättliche immer weiter auszubauen, so werden sie ihre auf diese Weise unredlich vergrößerte Macht und ihre Möglichkeiten immer mehr dazu nutzen, die nationale Politik zu beeinflussen, zu bestimmen und auch erpressen zu können und letztlich die Demokratie selbst zu einer bloßen Farce verkommen zu lassen.

Dieses Verhalten, die einzelnen Gemeinschaften, zukünftige Generationen und die Umwelt egoistisch bis zum „Geht-nicht-mehr“ scheinbar legal auszubeuten, kann heute nur deshalb nicht kriminell genannt werden, weil sich dieses Verhalten auf der globalen Ebene und hinsichtlich der globalen Gemeinschaft in einem gesetzes- und regelfreiem Raum abspielt. In einem vernünftigen, globalen und langfristigen Verständnis ist solch ein asoziales, die Demokratie und jedes Gemeinwesen schädigendes Verhalten nicht zu akzeptieren. Doch dieses globale Gemeinschaftsverständnis gibt es noch nicht bzw. es ist noch unterentwickelt. Die Menschen denken immer noch national und hoffen darauf, dass ein exzessives, darin vor allem andere Gemeinschaften schädigendes Verhalten („wir“ müssen wieder die Besten werden) sich für sie selbst letztlich als gut erweist. Das trifft heute aber nur noch für die Wirtschaftsbosse und Aktionäre zu, denn in Wahrheit spielen sie heute alle Gemeinschaften bzw. die Menschen darin gegeneinander aus.

Die Neoliberalen verkaufen die internationale Willkür und Regellosigkeit, die nichts anderes als ein Wirtschaften des Stärkeren ist bzw. dieses ermöglicht, als Freiheit und wollen sowohl die internationalen als auch die nationalen Regeln und Gesetze immer weiter deregulieren, d.h. es liegt in ihrem Interesse, allgemein den Staat und seine auf die Allgemeinheit und das Volk gerichteten Gestaltungsmöglichkeiten zu reduzieren, auf keinen Fall aber auch international zu etablieren und sich dadurch in ihren egoistischen Interessen einschränken zu lassen.

Die heutige Deregulierung im Wirtschaftsbereich ist dabei mit anderen Deregulierungen vor allem darin vergleichbar, dass Regellosigkeiten immer den Rücksichtslosen und den Egoisten nützt. (Hier wird auch ganz konkret die Illusion mancher Alternativer entlarvt, die meinen, dass eine Befreiung von Staat, Ordnung und Regeln paradiesische Zustände schaffen würde.) Von daher ist die von der Wirtschaftslobby geforderte Deregulierung im Grunde dasselbe, als würde gefordert werden, unsere Straßenverkehrsordnung zu deregulieren und den Verhältnissen in einem Entwicklungsland anzupassen, nach dem Motto: „Freie Fahrt für freie Bürger“. Geschwindigkeitsbeschränkungen und Alkoholkontrollen? Weg damit, nur Geschwindigkeiten, Beschleunigungen und Siege zählen, egal wie viele dabei im Graben landen oder unter die Räder kommen. Jeder soll frei und selbstverantwortlich die durch die Technik vorgegebenen Möglichkeiten bestmöglich nach seinen Wünschen voll nutzen und sich in Wettrennen beweisen und durchsetzen können, ohne dass er dabei irgendwie eingeschränkt oder behindert wird.

Dieses Verhalten hat sich zwar zu früheren Zeiten der Technisierung, als es noch große, unberührte Ressourcen zu erschließen und im Wettlauf mit anderen Nationen best- und schnellstmöglich auszunutzen galt, darin auch als Vorteil für die eigene Gemeinschaft und Nation erwiesen, doch diese Zeiten sind heute vorbei. Heute hat die Deregulierung und das Laufenlassen der aggressiven freien Kräfte in der Wirtschaft dieselben Auswirkungen auch auf die eigene, nationale Gemeinschaft wie eine Deregulierung im Straßenverkehr. Die Rücksichtslosen und Raser, die nur ihren eigenen kurzfristigen Vorteil im Blick haben und denen andere menschliche Existenzen dabei nicht viel bedeuten, begrüßen natürlich jede weitere Deregulierung, um ihre Neigungen voll ausleben zu können, egal ob auf der Straße oder heute in der Wirtschaft. War dieses Verhalten zu früheren Zeiten letztlich auch vorteilhaft für das Wachsen der eigenen, nationalen Gemeinschaft und daher nicht asozial, weil es nach „außen“ gerichtet war, so gibt es heute dieses „Außen“ faktisch nicht mehr. In der heutigen engen und globalisierten, immer weiter zusammenwachsenden und an ihre natürlichen Grenzen stoßenden Welt ist dieses aggressive Verhalten nur noch asozial und schädigend für jede Gemeinschaft, genau wie die Raserei im dichten Straßenverkehr eines kultivierten Landes.

Überall da, wo Menschen in Kontakt miteinander treten, bedarf es Regeln, genau wie im Sport. Wenn diese nicht vorhanden oder nicht für alle verbindlich sind, so wird es immer Menschen geben, die solche Lücken rücksichtslos ausnutzen. In der Globalisierung hat es seit den Zeiten der Kolonialisierung als Unterdrückung und Ausbeutung „unzivilisierter Völker“ noch nie wirkliche Regeln gegeben, zumindest keiner gerechten und demokratischen. Heute wird nun der Prozess der Regulierung und Kultivierung des globalen Miteinanders, so weit sich dieser überhaupt entwickeln konnte, in der Deregulierung wieder rückgängig gemacht. In der heutigen Globalisierung wird infolgedessen nun vielmehr auch national dereguliert, wobei als einzige „Regel“ die ungehemmte Profitmaximierung übrig bleibt, bei der im Endeffekt derjenige belohnt wird, der die meisten menschlichen Existenzen vernichtet. Im Gegensatz zu früheren Zeiten bringt dieses Verhalten aber für keine der beteiligten Gemeinschaften mehr irgendwelche Vorteile, sondern nur noch für die direkt davon profitierenden Personen oder Konzerne. Wo soll eine solche aggressive „Kultur“ angesichts immer weiterer Rationalisierung, Technisierung und Globalisierung enden? Was ist langfristig das Ziel dabei?

Es gibt überhaupt kein Ziel. Man lässt den aggressiv wirkenden Kräften ohne Gestaltung nach alten, überholten Konzepten einfach freien Lauf, in der Hoffnung, dass sich das wie früher irgendwie als gut und förderlich auch für die eigene nationale Gemeinschaft erweisen wird. Doch unter den heutigen Umständen ist es darin angesichts der rapide fortschreitenden Rationalisierung, Technisierung, Globalisierung und der damit verbundenen Arbeitsplatzvernichtung dasselbe, als würde angesichts eines Rückgangs der Fänge wegen der Überfischung der Weltmeere gefordert werden, dass noch modernere Fangschiffe und –methoden noch schneller entwickelt werden müssten, dass die Fischer noch länger und schneller arbeiten müssten usw., um in der Konkurrenz und einem Wettlauf mit den anderen Nationen wieder die alten großen Fänge zu erreichen, die sich in der ersten Phase der Technisierung einmal eingestellt hatten. So richtig dieses Verhalten und Konzept zu Zeiten gewesen sein mag, als es die großen Fischgründe zur Beseitigung des Hungers und zur Entwicklung der Wirtschaft und Gemeinschaft in der Konkurrenz mit anderen Nationen zu nutzen galt, so falsch ist es unter den heutigen Umständen. Wenn heute stur an diesem alten Konzept und Verhalten festgehalten wird, was auch in der Fischerei viele noch wollen, erhöht es zwar die Fänge kurzfristig tatsächlich wieder – aber nicht mittel- und langfristig.

In der Fischerei hat man internationale Abkommen, Regelungen und Kontrollen verwirklicht, und genau das ist auch in anderen Bereichen notwendig, um ein gesundes Wachstum und einen fairen Wettbewerb zu erreichen, der allen Menschen dient, der die Umwelt schont, d.h. der auch langfristig mit dem Ökosystem der Erde vereinbar ist. Wenn das nicht gelingt und noch nicht einmal angestrebt wird, gleicht die heutige Art von ungehemmten Wachstum dann exakt dem eines wild wuchernden Krebsgeschwürs, das letztlich den Organismus zerstört, in dem es wuchert. Dabei werden die Menschen, die auf der Strecke bleiben, denen durch diese Art des aggressiven Wirtschaftens jede Lebensperspektive genommen wird, sich einfach andere Perspektiven schaffen und bei uns wird wie in den USA die Kriminalität ansteigen und der Terrorismus in der Welt wird weiterhin einen idealen Nährboden erhalten.

Politik heißt Gestaltung, und die zukünftige Welt wird so sein, wie der Mensch sie heute gestaltet

Mit der heutigen Technik könnte, richtig und vernünftig angewendet, ein ruhiges und friedliches Leben für alle Menschen verwirklicht werden, in der die Menschen, bei weiter fortschreitender Technisierung, sehr viel weniger als bisher täglich erwerbsmäßig arbeiten müssten, um in einem vernünftigen Umfang ihren Lebensunterhalt und ihre materiellen Bedürfnisse zu sichern. Den Rest ihrer Zeit könnten sie familiären, kulturellen oder geistigen Interessen widmen, um so dem eigentlichen Wesen des Menschen gerecht zu werden. Das ist keine Illusion, sondern langfristig wird der Mensch um diese Art der Änderung seiner Lebensweise und seiner Entwicklung gar nicht herumkommen. Die Zeiten des täglichen Überlebenskampfes gegen Naturgewalten mit den damit verbundenen Verhaltensweisen sind endgültig vorbei, den zukünftigen Überlebenskampf wird der Mensch mit sich selbst und seinen nicht mehr angepassten Verhaltensweisen ausfechten müssen. Maßloser Profit und Konsum als Exzess dieser nicht mehr angepassten Verhaltensweisen taugen dabei nicht als Lebenssinn, wie es auch die Zunahme der Zivilisationskrankheiten deutlich zeigt.

Um die Sackgassen und Gefahren der modernen Zeit angesichts der weiteren technischen Entwicklung und der Begrenztheit des Ökosystems Erde zu erkennen, müsste man nur ein wenig langfristiger, in globalen Zusammenhängen und über den eigenen nationalen Tellerrand und den nächsten Wahltermin hinaus denken und die alten Verhaltens- und Denkweisen nicht als absolut gegeben ansehen. Von einem langfristigen und globalen Standpunkt aus gesehen ist die momentane Entwicklung in dem globalen Wirtschaftswettlauf und der unendlichen Wachstumsgläubigkeit jedenfalls an Dummheit und Kurzsichtigkeit nicht mehr zu überbieten.

Politik ist Gestaltung, d.h. die Gestaltung des Gemeinwesens oder der Gemeinschaft, in der die jeweiligen Menschen leben. Das Ziel einer vernünftigen Politik kann nur sein, das jeweilige Gemeinwesen, in dem man lebt und sich im Austausch, Kontakt und Handel mit anderen befindet, zu einem gesunden Organismus zu gestalten, der langfristig lebensfähig ist, was nur geht, wenn in ihm eine bestimmte Harmonie, Ordnung und Ausgeglichenheit herrscht (was andererseits nicht heißt, dass alle gleich sein müssen und dass es überhaupt keinen Wettstreit mehr geben darf). Politik heute kann dabei nur die Gestaltung des globalen Gemeinwesens bedeuten, denn die globalen Beziehungen sind heute aufgrund der technischen Gegebenheiten ein Faktum und eine Herausforderung, die zu lösen ist, und zwar auf eine gerechte und harmonische Weise.

Aus einer globalen und langfristigen Sicht ist jedoch die gegenwärtige Politik eine einzige Bankrotterklärung und ein Versagen bis zum „Geht-nicht-mehr“ . Man lässt den aggressiven Kräften, sprich den Rücksichtslosen und Machtgierigen, ohne jeden Gestaltungswillen freien Lauf, wie Rasern im Straßenverkehr, und nimmt die Opfer dieser Raserei bzw. des globalen Wirtschaftswettlaufes achselzuckend hin. Man hält krampfhaft an alten Konzepten und Denkweisen fest („wir müssen international zu den Besten gehören und alle anderen, mit denen wir sonst nichts zu tun haben, besiegen“), die schon längst überholt sind, die nur noch einigen wenigen in ihrer Machtgier dienen, und man traut sich nicht, wirklich neue, globale Sichtweisen in sozialer Hinsicht ganz konkret anzugehen oder einzunehmen und entsprechende Konzepte und Ziele einzuführen, die da wirksam sind, wo auch die soziale Entwicklung heute stattfindet, nämlich global.

Der Grund für diese Unfähigkeit und Untätigkeit mag auch darin liegen, dass sich die Regierenden, gerade auch die der ehemals „sozialen“ Parteien, sich zwischenzeitlich selbst zu den Mächtigen zählen. Die Annahme, dass die Rücksichtlosen und Mächtigen sich nach dem früheren Vorbild des Adels wieder von dem gemeinen Volk über- und international abgrenzen, es wie früher ausbeuten und darin eine eigenen, besondere und elitäre Gemeinschaft bilden können, wird sich in einer aufgeklärten Weltgemeinschaft aber als Illusion erweisen.

Die Gestaltung des globalen Miteinanders darf nicht den Rücksichtslosen und Egoisten überlassen werden. Diese sind heute in der globalen Gestaltung sehr aktiv, wobei das allerdings so gehandhabt wird, dass diese Art der Gestaltung auf das Minimum eines Wirtschaften des Stärkeren reduziert und eingefroren wird, damit sie in der krankhaften Weise eines Süchtigen ihre sowieso schon nicht mehr vorstellbaren Reichtümer auf Kosten der Gesundheit und der Existenz anderer noch einmal vervielfältigen können.

Genauso wie der gegenwärtige globale Wirtschaftswettlauf keine Regeln hat, hat er auch kein Ziel, außer dem der kurzfristigen und vollkommen unvernünftigen Bevorteilung einiger weniger auf Kosten anderer, des ökologischen Gesamtsystems und damit auch der nachfolgenden Generationen. Das gegenwärtige globale Konzept ist ein Kindergartenkonzept nach dem Motto: „Ich will der Erste und Beste sein, ich will alles haben und du bekommst nichts und darfst auch nicht mehr mitspielen“. Um vorauszusagen, dass dieses Verhalten unter den heutigen Umständen in einer „Prügelei“ enden wird, weil dieses Verhalten im Gegensatz zu früher nur noch gemeinschaftsschädigend ist und die so Benachteiligten sich das irgendwann einmal nicht mehr gefallen lassen, muss man nur eins und eins zusammenzählen können.

Mit den heutigen Möglichkeiten der Technik lässt sich ein friedliches und gerechtes Leben für alle verwirklichen und nur das kann das Ziel einer vernünftigen Politik sein, denn mit den Möglichkeiten der Technik lässt sich heute auf vielfache Weise auch alles zerstören. Um dieses vernünftige Ziel zu verwirklichen, bedarf es jedoch eines globalen Gestaltungswillen und global verbindlicher Regeln, was, wie anderswo auch, nur mit den entsprechenden Organisationen und Institutionen wie etwa der UN zu verwirklichen ist, was auch heißt, dass ihnen in wesentlichen Bereichen die Gestaltung überlassen wird. Übertragen auf ein Fußballspiel sieht dagegen das heutige globale Wirtschaften so aus, dass in einem wilden Gerenne ohne Regel und Schiedsrichter alles erlaubt ist, um nur den Ball ins gegnerische Tor zu bringen (sprich: maximalen Profit zu erzielen), und dabei dem Gegner möglichst so starke Verletzungen zuzufügen, dass er in Zukunft gar nicht erst wieder mitspielen kann. Bezogen auf das globale wirtschaftliche Verhalten befindet sich der heutige Mensch kulturell auf der Ebene der römischen Gladiatorenkämpfe: Überleben wird nur der Stärkste, der seinen Gegner vernichtet, bzw. heute aufkauft oder schluckt.

Dieses nicht mehr zu akzeptierende Verhalten, ermöglicht durch den regelfreien Raum und das nationale Selbstverständnis und Denken, betrifft jedoch nicht „nur“ die Vernichtung von Existenzen in wirtschaftlicher, beruflicher und psychologischer Hinsicht (in manchen Entwicklungsländern auch dadurch oft ganz konkret das Leben der Menschen), sondern d ieser allgemeine Missstand der globalen Willkür gilt auch hinsichtlich den zwischenstaatlichen und internationalen Konflikten, von denen dann alle ganz existentiell betroffen sein können. Man stelle sich, bezogen etwa auf den Irak-Konflikt, dasselbe nur einmal national vor, indem ein Großgrundbesitzer oder Milliardär zu einem nationalen Problem sagt: „Was Parlament, Gericht und Polizei in ihren Quatschbuden sagen, interessiert mich nicht, ich erledige das Problem mit meiner Privatarmee so, wie ich es für richtig halte.“

Dieser „Milliardär“ wäre in seinem Tun nur durch seine Macht legitimiert, was darin in einem demokratischen Gemeinwesen keine Legitimation ist. Dieses Verhalten ist auf der Ebene, auf der es stattfindet, undemokratisch, diktatorisch und totalitär, egal wie sich dieser Milliardär in seiner „Familie“ verhalten würde. Das davon betroffene Gemeinwesen müsste sich dann dem Willen und der Willkür dieses Milliardärs total unterordnen. Vielleicht würde er noch versuchen, den Schein von Demokratie und Mitbestimmung zu wahren, doch allein durch die Möglichkeiten seiner Macht wäre das nichts mehr als eine Schein-Demokratie und eine Schein-Mitbestimmung.

Wenn es in einem solchen Gemeinwesen mehrere Mächtige geben würde, könnte der Friede darin nur dadurch gewahrt werden, indem sich diese Mächtigen in einem Gleichgewicht des Schreckens befinden, was nur unter hohen „Rüstungsausgaben“ möglich sein wird. Diese Art der Kultur, Ordnung und Gestaltung des Gemeinwesens wäre wirtschaftlich sehr uneffektiv, weil alle in erster Linie nur für die Aufrechterhaltung der Ordnung arbeiten müssten, nämlich für die Rüstung und die Erhaltung des Gleichgewichts des Schreckens. Eine Demokratie ist dagegen eine wesentlich effektivere Art, eine Ordnung in einem Gemeinwesen aufrecht zu erhalten, d.h. es ist nicht nur menschlich, sondern auch wirtschaftlich (bezogen auf die Gemeinschaft) besser.

Doch auch wenn nur ein Mächtiger übrig geblieben ist, so müsste dieser mit entsprechend hohen Rüstungsausgaben fortlaufend um seine Macht fürchten, einfach deswegen, weil er nicht durch ein demokratisches System, in dem alle ihren Willen auf geistige Weise Ausdruck verleihen können, legitimiert ist. Andere können dadurch jederzeit auch das Recht für sich in Anspruch nehmen, auf dieselbe Weise die Macht zu erlangen, nämlich einfach über das Recht des Stärkeren, das Recht der Macht und durch Gewalt und Terror. Das ist zwar auch eine Art der Regelung des menschlichen Miteinanders, die jedoch nicht nur unmenschlich und ungerecht ist, sondern auch wirtschaftlich und kulturell sehr uneffektiv ist.

In globaler Hinsicht haben wir heute nichts anderes als diese Zustände oder besser gesagt Missstände, und es ist sehr zynisch, wenn ein solch Mächtiger bei seinem unlegitimierten, diktatorischen und gewalttätigen Wirken dann noch davon spricht, damit die Demokratie (unter seiner diktatorischen Herrschaft) woanders etablieren zu wollen. Wenn in der heutigen globalisierten Welt irgendwo Missstände wie Völkermord beseitigt werden müssen und das nur mit Gewalt geht, so darf es nur durch, bzw. zumindest im Namen einer durch alle, d.h. durch die Weltgemeinschaft, legitimierten Organisation geschehen. Andernfalls fordert dieses Verhalten geradezu dazu heraus und ist Vorbild dafür, auf dieselbe Weise die eigenen Vorstellungen durchzusetzen.

Die Vision eines grundlegend neuen Selbst- und (Welt) Gemeinschafts-verständnisses

Das Wirken der heutigen Politik, die mit all den Wirtschaftsforschung- und Friedensforschungsinstituten und der darin konzentrierten Intelligenz in erster Linie strikt national ausgerichtet ist (bis auf den globalen Wirtschaftwettlauf), gleicht in der immer weiter zunehmenden Kompliziertheit ihres Tuns, das dennoch immer weniger in der Lage ist, die anstehenden Probleme zu lösen, der Sackgasse der mittelalterlichen Astronomen, die noch von einem geozentrischen Weltbild ausgingen. Sie mussten ihre Berechnungen immer komplexer gestalten, immer mehr widersinnige Annahmen und Parameter darin einführen, um die genauer werdenden Himmels- und Planetenbeobachtungen mit ihrem Weltbild in Einklang zu halten. Erst als man auf die Idee kam, dass die Grundannahme all dieser komplizierten Berechnungen schon falsch sein könnte, ergaben sich wieder ganz einfache Berechnungen und Formeln und die Probleme mit der Beobachtung und Praxis lösten sich mit dem neuen (heliozentrischen) Weltbild wie von selbst auf.

Um die heutigen „Berechnungen“ der Politik und der Forschungsinstitute wieder einfach und effektiv zu machen, müsste in ähnlicher Weise lediglich eine als starr und absolut angesehene Grundannahme verändert und revolutioniert werden, nämlich statt der nationalen Sicht und Politik eine internationale und globale mit einem entsprechenden Selbstverständnis und Weltbild – und infolgedessen natürlich auch mit den entsprechenden Handlungen und Ausrichtungen, nämlich denen einer Weltinnenpolitik.

Die neue Partei oder Wahlalternative ASG könnte nur dann eine wirkliche Alternative sein, wenn sie mit dem Anspruch auftritt, die Missstände an der Wurzel zu packen, d.h. heute ihnen global entgegenzutreten und Arbeit und soziale Gerechtigkeit weltweit verwirklichen zu wollen. Auch wenn das heute noch weltfremd, eine Illusion oder besser eine Vision zu sein scheint, so können die heutigen Probleme letztendlich nur so gelöst werden.

Im Grunde bleibt der speziell der ASG dabei gar nichts anderes übrig, denn die anderen Parteien werden bezüglich der hohen sozialen Forderungen der ASG sagen: „Es ist zwar gut und schön, was ihr da fordert, aber wir stehen in einem globalen Verdrängungswettbewerb und können daher diese Forderungen nicht realisieren. Was ihr fordert ist weltfremd und geht an der Realität vorbei.“

Dieses Argument ist aus der alten, nationalen Perspektive heraus berechtigt, stichhaltig und einsichtig, denn man kann nicht hohe soziale Standards, so berechtigt sie auch sein mögen, für einen kleinen Teil eines Gemeinwesens fordern, das heute faktisch ein globales ist, und dabei ignorieren, dass „einen Mausklick weiter“ gänzlich andere soziale Standards herrschen, unter denen zu einem Bruchteil der Kosten gefertigt wird.

Angesichts der globalen Entwicklung sind die bisherigen Konzepte und Perspektiven der herrschenden Parteien falsch, doch besonders falsch wird das Konzept der neuen Partei ASG sein, wenn sie das Grundproblem dabei nicht erkennt und berücksichtigt. Solange es nicht gesehen wird, dass die alten nationalen Konzepte und Perspektiven nicht mehr greifen und es so nicht gelingt oder auch nur ins Visier gefasst wird, international verbindliche und handlungsfähige Organisationen, Strukturen und Regeln zu etablieren, bzw. die Forderungen nach einer vernünftigen Art des Miteinanders global durchzusetzen, wird sich an den nationalen Problemen überhaupt nichts ändern. Man schiebt sie mit dem alten Ansatz und Verständnis nur immer weiter vor sich her und vergrößert sie dabei mit dem Fortschreiten der Globalisierung immer mehr.

Im Grunde steht der jahrhundertelang währende Prozess, der zu der Bildung der Nationalstaaten aus den Stammesgesellschaften geführt hat und der vieler hart erkämpfter verbindlicher Regelungen bedurfte, um national ein einigermaßen funktionierendes Gemeinwesen zu schaffen, heute auf der globalen Ebene an. Die internationale Regellosigkeit und Willkür ist dabei das eigentliche und zentrale Problem, das von den anderen Parteien schlicht ausgeblendet wird und das ihnen genau dadurch die scheinbare Berechtigung gibt, heute unser mehr oder weniger kultiviertes und geregeltes nationales Gemeinwesen an die globale Willkür anzupassen und nicht umgekehrt.

Die bisherigen Ziele und Forderungen der ASG werden heute nur dann und nur so weit verwirklichbar sein, wie es gelingt, diese für alle verbindlichen und handlungsfähigen Strukturen der Regelung des menschlichen Miteinanders auf der globalen Ebene zu verwirklichen und so den unvernünftigen globalen Wirtschaftswettlauf zu beenden bzw. in kultivierte, kontrollierte und steuerbare Bahnen zu lenken. Dann können auch konkrete, auf die Weltgemeinschaft gerichtete Ziele verwirklicht werden und nicht nur die der Rücksichtslosen und „Raser“. Das kann nur mit internationalen Institutionen mit den entsprechenden Befugnissen erreicht werden, sprich: einer Weltinnenpolitik. Diese Weltinnenpolitik muss dann global das machen, was der Sinn und die Aufgabe der Politik ist, nämlich zum Nutzen der (Welt)Gemeinschaft gestalten und regulieren, aber nicht zum alleinigen Nutzen einiger Egoisten deregulieren.

Das heißt nicht, dass überreguliert wird und es überhaupt keinen Wettkampf mehr geben darf. Wie im Sport darf der Wettkampf jedoch nur unter fairen Regeln stattfinden, unter denen dann nicht mit der Existenz von Menschen spekuliert werden darf und unter denen nicht derjenige gewinnt, der die meisten menschlichen Existenzen vernichtet und dadurch die Gemeinschaft schädigt bzw. sie ausbeutet und aussaugt. Ein solcher fairer Wettkampf, der von allen getragen wird, muss vielmehr auch allen Menschen dienen und muss sich durch seine Regeln im Einklang mit dem Ökosystem der Erde befinden. Vor allem muss durch Regeln jedoch wie im Sport dafür gesorgt werden, dass den Rücksichtslosen, den (Nadelstreifen)„Rasern“ und (-)„Tretern“ das egoistische und asoziale Handwerk gelegt und die Rote Karte gezeigt wird und nicht, dass sie für ihr „rüpelhaftes, unfaires und asoziales Spiel“ noch fürstlich belohnt und angefeuert werden. Dieses in früheren Kriegen und Feindschaften zwischen den Nationen vielleicht einmal vorteilhafte Verhalten hat in einer sozialen und gerechten Weltgemeinschaft mit einem fairen Wettbewerb nichts mehr zu suchen.

Nur mit diesem vorrangigen Ziel einer Weltinnenpolitik und mit dieser globalen Ausrichtung werden die Forderungen der ASG für die anderen Parteien nicht angreifbar sein, und nur dann erweisen sich vielmehr umgekehrt die Ziele der Neoliberalen als weltfremd, rückständig, unkultiviert, dumm und als Sackgasse. Auch wenn es illusionär erscheint, etwa für die UNO heute das Gewaltmonopol anzustreben, so ist es doch eine Forderung, die wirklich in die Zukunft weist und dazu geeignet ist, die heutigen globalen und auch nationalen Probleme effektiv zu lösen. Denn allein durch die Verwirklichung des Gewaltmonopols der UNO würden die gegenwärtigen Rüstungskosten auf einen Bruchteil reduziert werden können (um sie anderswo sinnvoll einzusetzen). Die Weltgemeinschaft könnte so Verbrechen wie Völkermord, Kriege usw. genauso schnell und effektiv verhindern, wie es heute die Polizei in nationaler Hinsicht kann. Auch der globale Terror würde dadurch nicht nur am effektivsten bekämpft werden können, es würde ihn vielmehr gar nicht mehr geben, weil durch die Beseitigung der sozialen Missstände auch diesem Terror der Nährboden entzogenwerden würde. Wenn es dagegen nicht gelingt, diese internationalen Institutionen und Strukturen durchzusetzen, um das globale Miteinander kultiviert und vernünftig zu ordnen, werden die Rücksichtslosen, die Egoisten, „Raser“ und „Treter“ die globale Welt nach ihren Vorstellungen gestalten, und dabei jede noch so vernünftige nationale Politik, insbesondere die der ASG mit ihren hohen sozialen Zielen, letztlich immer wieder ins Leere laufen lassen. Wenn sich auf der globalen Ebene das Recht und das Wirtschaften des Stärkeren durchsetzen und etablieren kann, wird dadurch jede nationale Regierung umso mehr erpressbar und beeinflussbar sein, je weiter die Globalisierung fortschreitet. Das wird dann letztlich auch das Ende der Demokratie sein.

Es wird allerdings auch schon in der Hinsicht das Ende der Demokratie sein, weil ein System, das einem Großteil der Menschen keine Lebensperspektive mehr bieten kann, während es einigen wenigen gleichzeitig alles im exzessiven Überfluss ermöglicht, genau dadurch versagt. Es ist kein Wunder, wenn die Benachteiligten sich dann von diesem System abwenden und, wie ein Ertrinkender, der nichts mehr zu verlieren hat, es wieder mit einem System von vorgestern versuchen wollen. Dagegen hilft nur Aufklärung, d.h. nur wenn den Menschen die wahren Ursachen der Fehlentwicklung bekannt sind und sie sich nicht mehr für dumm verkaufen lassen, können sie bewusst etwas dagegen tun und nur dann kann auch die Demokratie funktionieren.

Bernd Ehlert

 

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