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Arbeit und Leben,
Grundsicherung
 

Denkanstoß

von Horst Bösel

Wir leben in einem freien Land, wir selbst sind frei von jeglicher Art der Bevormundung, wir sind frei in unseren Handlungen, in unseren Entscheidungen, in unserer Wahl. Wir wählen aus der Wirklichkeit aus, entscheiden uns ohne Zwang, handeln nach unserem Ermessen gemäß dem Bestehenden. Das Vorhandene bestimmt in unserer Gesellschaft unsere Freiheit, indem es uns Möglichkeiten unserer Handlungsrichtungen und der Konsequenzen unseres Verhaltens auferlegt. Doch wer bestimmt das Vorhandene, wer bestimmt die Moral, die unsere Handlungen lenkt? Wir wähnen frei zu handeln, zu entscheiden, zu wählen, sind jedoch konkreten Notwendigkeiten unterworfen, die unsere Betätigung bestimmen.

Die Mächtigen, Gewaltigen, Stolzen unserer Gesellschaft legen fest, was für jeden Einzelnen von uns gut ist, wie jeder Einzelne von uns zu wählen, zu entscheiden, zu handeln hat. Denn wenn er es nicht tut, verstößt er notwendig gegen die in Gesetze gefaßte Moral, gegen die unbedingt abzusichernde Lebensgrundlage der Mächtigen, Gewaltigen, Stolzen und gegen die festgelegten Lebensmaxime für sich selbst. Der Mensch wird regiert und das heißt, ihm wird vorgeschrieben, wie er zu handeln, zu entscheiden, zu wählen hat. Doch niemand hat das Recht, Menschen zu regieren!

Der Mensch ist ein selbstverantwortliches Wesen. Er hat Steuern zu zahlen, um die Existenz der Mächtigen, Gewaltigen, Stolzen im Staat abzusichern. Doch wer fragt ihn, welche Verwendung die von ihm gezahlten Steuern finden. Er hat sie zu zahlen, andere entscheiden, wohin diese Gelder fließen. Setzen wir durch, weil wir freie Menschen sind, wofür die von uns direkt gezahlten Steuern eingesetzt werden. Bestimmen wir selbst, was mit dem von uns gezahlten Geld gemacht wird. Und fordern wir von den Mächtigen, Gewaltigen, Stolzen eine jährliche Rechtfertigung zur Verwendung der von uns gezahlten indirekten Steuern, der Mehrwertsteuer, der Mineralölsteuer ... Handeln wir wie freie Menschen, setzen wir unsere Forderung durch, verlangen wir von den Parlamentariern, die nach Artikel 38 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland nur ihrem Gewissen verantwortlich sind, daß sie ihren Wählern, denjenigen, die ihnen einen Platz im Parlament geschaffen haben, Rechenschaft über ihre Arbeit ablegen, denn schließlich wurden sie nicht nur in ihr Amt gewählt, sondern auch von den gezahlten Steuern jedes einzelnen Gesellschaftsmitgliedes bezahlt. Verhelfen wir ihnen, unsere Interessen zu vertreten. Streben wir dazu eine Volksbefragung an. Lassen wir unser ganzes Volk entscheiden, wie und auf welcher Grundlage wir leben und arbeiten wollen. Setzen wir durch, daß uns als Menschen Vorrang gegenüber den Dingen gebührt, daß das Leben und seine Gestaltung wichtiger ist als Besitz, daß Reichtum verpflichtet, das Leben zu erhalten, daß Arbeit bedeutender ist als Kapital, das zur Unterwerfung genutzt wird.

Denn keinesfalls kann es unser Interesse sein, daß wir zusehen, wie die von uns gewählten Parlamentarier die Errungenschaften unserer Gesellschaft im sozialen Bereich immer mehr einschränken. Daß sie sich mit den Mächtigen, Gewaltigen, Stolzen der Wirtschaft verbünden, um ihre mage­ren Abgeordnetendiäten aufzubes­sern, und dafür ihre Wähler in den Staub treten.

Aber setzen wir uns nicht nur gegen die Mächtigen, Gewaltigen, Stolzen der Politik durch, tun wir dasselbe auch gegenüber den Mächtigen, Gewaltigen, Stolzen der Wirtschaft, die eine Politik entwickelt haben, durch deren Folge gegenwärtig 7,5 Millionen Menschen, das entspricht 19,5 Prozent der erwerbsfähigen Bevölkerung, ohne Arbeit sind. Setzen wir das am 1. Juni 1994 in Kraft getretene Arbeitszeitrechts­schutzgesetz, das einen Arbeitstag von in der Regel acht Stunden fest­legt, durch und weigern wir uns, unbezahlte Überstunden zu leisten! Nur das Arbeitslosenheer ermöglicht den Unternehmern, von uns bis zu 15 Stunden Arbeit zu fordern und nur 8 Stunden zu bezahlen. Zwingen wir die staatlichen Einrichtungen, daß sie keine Aufträge mehr an Unternehmen erteilen, die sich trotz vorhandener ökonomischer Leistungsfähigkeit nicht tariflich gebunden haben und so ihre Arbeiter und Angestellten schamlos ausbeuten. Verwirklichen wir den Artikel 1 des Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen ist unantast­bar." Denn es ist unsere Würde, die diese Unternehmer mit Füßen treten. Fordern wir von den tarifgebundenen Unternehmern, daß sie alle Kontakte der Leistungsübernahme von aus Gründen des Profits tariflich nicht gebundenen Unternehmen abbre­chen. Tun wir selbst etwas, um Menschen Arbeit finden zu lassen.

Wir müssen handeln, denn die Politik handelt nur zugunsten der Wirtschaft, so daß die Mächtigen, Gewaltigen, Stolzen ihren Reichtum in nur einem Jahr um 300 Milliarden DM steigern konnten, wovon sie jedoch kaum eine Mark für Investitionen zur Schaffung von Arbeitsplätzen verwendeten. Dies zeigt uns, daß eine Steuerreform voll­zogen werden muß, die die Mittel zum Leben von den Reichen Deutschlands zu den Bedürftigen unserer Gesell­schaft verteilt, die das rasche Anstei­gen des Reichtums verhindert, die Großunternehmen zur Steuerleistung verpflichtet, die den Geldtransfer über Ländergrenzen entsprechend versteu­ert. Die Anzahl der Obdachlosen und Sozialhilfeempfänger steigt in Deutsch­land ständig, und wie die Anzahl der Arbeitslosen wird sie weiter steigen, wenn wir nicht etwas tun. Handeln wir gegen die Gewalt auf unseren Straßen, die ständig zunimmt, je intensiver der Staat seine Sozialauf­gaben abbaut. Sehen wir den Zusam­menhang der gegenwärtigen Politik mit der Gewalt in unseren Städten und Dörfern und hören wir, was Friedrich Schiller uns vor 200 Jahren sagte: "Eben deswegen ist des Menschen nichts so unwürdig, als Gewalt zu erleiden, denn Gewalt hebt ihn auf. Wer sie uns antut, macht uns nichts Geringeres als die Menschheit streitig; wer sie feigenweise erleidet, wirft seine Menschheit hinweg."

Wir leben in Deutschland, wir leben in dieser Gesellschaft, und diese Gesellschaft ist unsere Gesellschaft. Wir müssen etwas tun.

Wir müssen beweisen, daß wir leben...

 

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